Tätigkeitsbericht Programm Sozialmedizin 2016 GREEN CROSS SCHWEIZ JAHRESBERICHT 2016 | 6 | Das internationale Gesundheits- und Ausbildungsprogramm Sozi- almedizin von Green Cross führt medizinische, psychologische und pädagogische Projekte durch. Damit verbessern sich die Lebensbe- dingungen von Kindern, Jugendlichen und Müttern, die in radioaktiv und chemisch kontaminierten Gebieten leben. Adäquate Therapie senkt radioaktive Strahlungsbelastung In den letzten 20 Jahren wurde das Programm Sozialmedizin auf- grund der Erkenntnisse aus den Tschernobyl-Studien stetig weiter- entwickelt und den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst, die in radioaktiv kontaminierten Gebieten lebt. Während der jährlich stattfindenden vierwöchigen Therapiecamps in Weissrussland, Russland, Japan und in der Ukraine werden Kinder und Jugendliche aus radioaktiv kontaminierten Gebieten auf die Folgen der erhöhten radioaktiven Strahlung medizinisch untersucht. Dazu zählen unter anderem Blutuntersuchungen, Sehtests, Hals-, Nasen- und Ohrenuntersuchungen sowie die Prüfung der Reflexe und psychologische Gespräche. Zu Beginn und am Ende der Thera- piecamps wird die radioaktive Belastung im Körper gemessen. Damit die Kinder und Jugendlichen genesen können, sind während der The- rapiecamps die Behandlungen auf die physischen und psychischen Gesundheitsfolgen der radioaktiven Belastung ausgerichtet. Zur Re- duktion der Strahlenbelastung werden Äpfel und Orangen mit ho- hem Pektingehalt abgegeben. Das Pektin bindet Cäsium-137 und Strontium-90 und transportiert sie aus dem Körper ab. Bewegung ist enorm wichtig. Neben den Therapien zur Entgiftung, dem Unterricht in Ökologie, Kultur und Sozialkunde sorgt Sport, Spiel und Spass für eine unbeschwerte Lageratmosphäre. In Kombination mit gesundem Essen und Getränken, die den Stoffwechsel anregen, wird erfahrungs- gemäss die radioaktive Belastung im Körper stark reduziert. Dies be- stätigen auch die im Gesundheitssektor üblichen durch Green-Cross- Experten vorgenommenen Auswertungen der Therapien. Strahlenexposition beeinträchtigt Bewegungsspielraum der Kinder Aus Angst vor der Strahlenexposition in den kontaminierten Regionen Fukushimas verbieten Eltern ihren Kindern, im Freien zu spielen, was die Kinder jedoch sowohl physisch wie psychisch schwächt. Das von Green Cross Japan (GCJ) organisierte Sommer- lager war deshalb für die Kinder eine Wohltat und die Eltern erhiel- ten mehr Informationen über den Umgang mit Radioaktivität. GCJ unterstützt zudem den lokalen Mütterverein in Koriyama und ermöglichte den Kindern unabhängige ärztliche Untersuchungen wie Schilddrüsentomographie und Blutproben. Dies gab den Eltern Klar- heit über den Gesundheitszustand ihrer Kinder und über mögliche Massnahmen. Richtiger Umgang mit kontaminierten Nahrungsmitteln will gelernt sein Mütter- und Familienclubs spielen eine wichtige Rolle zur Senkung der radioaktiven Belastung in einem meist schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Umfeld. Deshalb werden Ernährungskurse über den Umgang mit kontaminierten Lebensmitteln angeboten. Dabei geht es um Ausbildungsarbeit zur Erlernung von Nahrungsmittelentgiftung und zu präventiven Methoden für eine gesunde Ernährung. Eine an- gepasste Landwirtschaft, die Prüfung der Nahrungsmittel auf Verseu- chung, eine adäquate Bearbeitung und Zubereitung der Lebensmittel und die Reduktion der radioaktiven Belastung im Körper gehören zu diesen Methoden. In Moldawien sind die Mütterclubs auf die Bedürfnisse von «Liqui- datoren-Familien» ausgerichtet, damit sie ihr soziales Netzwerk ver- bessern können. Viele Familien von Männern, die Aufräumarbeiten bei der Tschernobyl-Reaktorkatastrophe leisteten (Liquidatoren), haben Kinder mit Behinderungen. Kurse und Seminare über Gesund heitsfragen und den Umgang mit behinderten und kranken Kindern bringen den Familienmitgliedern Hoffnung für die Zukunft und eine optimistischere Bewältigung des Alltags. Bewältigung der Agent-Orange-Kontamination In Vietnam werden Kinder und Jugendliche, die wegen Agent Orange körperbehindert sind, mit orthopädietechnischen Hilfsmitteln ver- sorgt. Ausgewählt werden die Kinder aufgrund des Armutsprinzips, der Region und der Behinderung, die auf die Agent-Orange-Verseu- chung oder deren Auswirkungen zurückzuführen ist. Als vorbereiten- de Massnahme zur späteren orthopädietechnischen Versorgung sind oft Operationen und anschliessend der Besuch der Gehschule nötig. Mit dem Integrationsprojekt wird der Problematik der gesellschaft- lichen Ausgrenzung von Behinderten begegnet. Familien mit körper- behinderten Jugendlichen erhalten einen Kredit in Form einer träch- tigen Kuh. Durch den Verkauf der Kälber und der Milch kann der Kredit zurückgezahlt und langfristig eine bescheidene Einkommens- quelle gesichert werden. Das Projekt «Früherkennung» ist im präventiven Bereich angesiedelt. Es hat zum Ziel, die frühe Wahrnehmung von Körperbehinderungen durch die Bevölkerung zu verbessern. Denn manch eine Behinde- rung kann bei frühzeitiger Entdeckung erfolgreich behandelt werden. Das Projekt umfasst auch Informations- und Ausbildungskurse für medizinisches Personal und für die Angehörigen von körperbehin- derten Kindern, damit sie rechtzeitig merken, wann die orthopädi- schen Hilfsmittel neu angepasst werden müssen. Das Internationale Gesundheits- und Ausbildungsprogramm Sozial- medizin besteht aus einer Reihe von Projekten, die in Sanatorien, lo- kalen Ambulatorien, Krankenhäusern, Schulen und lokalen Struktu- ren in ländlichen Regionen unter Beteiligung und Kooperation von staatlichen Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen durch- geführt werden. Die Teilnahme an den Aktivitäten in Städten, Dör- fern und Gemeinden auf regionaler Ebene ist entscheidend, um die dort vorhandenen Ressourcen bei der Entwicklung der Zivilgesell- schaft zu nutzen, Synergien aufzubauen sowie lokale und regionale Netzwerke zu unterstützen. Aufteilung der Projektkosten im Programm Sozialmedizin 2016 CHF 290 884 Weissrussland 433 078 Russland 227 084 Moldawien 340 884 Ukraine 359 063 Vietnam Laos und Kambodscha 286 538 Total der Projektkosten im Programm Sozialmedizin 1 937 531